Über Hans-Peter Kelcher
Ich bin 1950 in Ludwigshafen/Rhein geboren und werde demnächst 71 Jahre alt.
Nach zwei Jahren Bundeswehr studierte ich in Mannheim Dipl. Sozialpädagogik (FH), bis es mich aus beruflichen Gründen nach Frankfurt/Main verschlug. Hier studierte ich an der Uni Erziehungswissenschaften, leitete danach ein großes Kinder- und Jugendheim und arbeitete an einer Förderschule. Danach ging ich in die Jugend- und Erwachsenenbildung, war pädagogischer Leiter einer Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Uni-Klinik. Anschließend führte ich eine Heilpädagogischen Tagesstätte und machte eine Zusatzausbildung zum Psychotherapeuten (Approbation). In meinen letzten 19 Berufsjahren führte ich noch eine vollstationäre therapeutische Wohngemeinschaft, für 19 Jugendliche und junge Erwachsene mit psychiatrischen Diagnosen.
1977 lernte ich meine Frau kennen (Diplom- Psychologin und approbierte Psychotherapeutin), mit der ich nun im 43sten Jahr meine Liebe, mein Leben und meine Leidenschaften teile. Seit fünf Jahren sind wir beide nun im (Un-)Ruhestand und genießen die freie selbstbestimmte Zeit, die wir zuvor in diesem Maße nicht hatten.
Technische Daten
Moto Guzzi LM „Guzzilla“
Bevor ich die Guzzilla kaufte, damals in Saarbrücken, hat der damalige Besitzer folgende „Innereien“ sanft verbessert:
Umgebaute/modifizierte Teile:
Interview mit Hans-Peter Kelchner
Stein-Dinse: Wann hast du angefangen Motorräder umzubauen? Wie kam es dazu?
Hans-Peter Kelchner: Meine Frau (Moni) war bereits im jungen Alter von 17 Jahren „Motorrad-Affin“, denn ihr damaliger Freund fuhr eine „250er Adler“. Moni „infizierte“ mich dann in jeder Hinsicht: Liebe & Motorrad.
Als wir uns 1977 kennenlernten, hatte ich als erstes eine kleine Honda „SS 50“. Sie zog zwar „nicht die Wurst vom Teller", hatte jedoch einen 4-Takt-Motor und einen hochgezogenen Auspuff, dessen voller Klang zumindest im Gehörgang ein Motorrad suggerierte. So entstand aus der Not, (wenig Geld zu haben, aber Fahren zu wollen) meine Leidenschaft am „Schrauben“, um „fahren“ zu können, denn ich hatte auch bereits einen alten VW-Käfer. Ich lernte zu improvisieren und zu begreifen. Wenn an meiner Honda (oder am Käfer) etwas nicht funktionierte, suchte (und fluchte) ich so lange, bis es wieder lief, weil ich wohl das Richtige getan hatte. Ich verschlang Reparatur- anleitungen, Handbücher und Motorradzeitschriften zu Auto- und Zweiradtechnik, Instandhaltung und Pflege und versuchte alles selbst umzusetzen.
Stein-Dinse: Ist die Moto Guzzi deine erste Maschine? Besitzt du noch weitere Motorräder?
Hans-Peter Kelchner: Die kleine Honda war für uns beide bald kein akzeptables Fahrzeug mehr und so musste schließlich „ein richtiges“ Motorrad her! Wir leisteten uns eine gebrauchte, aber böse frisierte „Suzuki GT 250“ (Zweitakter). Dieses Teil war in seinem Leistungscharakter so „giftig“, dass beim ambitionierten Ampelstart das Vorderrad häufig den Bodenkontakt verlor (ungewollter Wheeley). Wenn ich eine schöne Landstraßenkurve flott anfuhr, der Motor plötzlich aber das optimale Drehmoment erreichte, wurde oft die gerade eingeleitete Kurve viel zu eng (mein Schutzengel schaffte es „gerade so“, an mir dran zu bleiben…). Kaum hatten wir etwas Geld gespart, verkauften wir die Suzuki und es gab für meine Frau eine 400er Honda und für mich eine 440er Kawasaki. So reisten wir oft mit Zelt, Schlafsack und Kocher ins Elsass oder nach Italien / Sardinien und verbrachten wundervolle Zeiten. Mehrfach reisten wir auch nach Südfrankreich, dem französischen Jura... und lernten hierbei „das Motorrad zu fahren“, sowie schrauben, pflegen und es zu warten. Nun „durften“ wir unsere Maschinen schließlich „Duzen“.
Stein-Dinse: Warum gerade dieses Motorrad?
Hans-Peter Kelchner: Bei einem Bummel in Frankfurt / Main parkte ein Motorrad. Ein RICHTIGES! Schwarz wie die Nacht, heiß wie die Hölle und verführerisch wie die Liebe…auf den ausladenden Seitenständer gelehnt, der den Fußweg versperrte, und mein Herz war entflammt: Eine MG 850 T-5. Sie ließ mich nicht mehr los und verfolgte mich in meinen Träumen. So fiel schließlich unsere Entscheidung für eine Moto-Guzzi „California II“, die wir 1983 neu erstanden und ab sofort zu zweit auf einer Maschine Italien, Schweiz, Südfrankreich (St. Tropez, Provence, Massif de Maures...) mit unserem Campingzubehör bereisten. Die Pflege und Inspektion war mir inzwischen zu einem Kosten-sparenden Hobby geworden und wir mussten nie einen KFZ-Hilfsdienst in Anspruch nehmen!
Erst danach sollte die hier vorgestellte MG „Le-Mans“ Bj. 1980 mein heimlicher Traum werden, nachdem wir sie an einer Raststätte bei Bologna „erlebt“ hatten. Denn ein solches Motorrad „sieht“ man nicht einfach, man erlebt es! Es berührt dich und lässt dich nie mehr los (wenn es dir nicht so ergeht, dann hast du sie nicht verdient!).
Ich träumte sie vor meinem inneren Auge, aber stets mit einer Ein-Person-Höckersitzbank, Agostini-Fußrasten, offenen Ansaugtrichtern und offenen Lafranconi-Competizione Auspufftöpfen, mit verbreiterter Schwinge und Zentralfederbein, Speichenräder und…und…fand dann meinen (bereits in vielen Dingen umgebauten) Traum vor elf Jahren bei einem selbständigen Unternehmer und Designer in Saarbrücken und kaufte sie auf der Stelle! In den folgenden Jahren verbaute ich eine USD-Gabel von einer 900er Ducati, einen Superbike-Lenker mit High-Riser, Präzisions-Lenkkopflager und Lenkungsdämpfer, neue 40er Dellorto-Vergaser, offene Ansaugtrichter, neue Verkabelung sowie Lackierung in „Gulf-Orange“ mit „Gulf“-Stripes in blau über die Mitte des vorderen Kotflügel, der Lampenmaske sowie Tank und Heck. Unsere treue, 1983 neu gekaufte „Cali II“ fahren wir weiterhin bis heute (seit 37 Jahren) und können uns nicht vorstellen, sie jemals herzugeben.
Stein-Dinse: Nochmal zur Frage warum diese Motorräder?
Hans-Peter Kelchner: Weil sie noch eine Seele haben und „Moto-Guzzi“ verkörpern! Man kann das nicht rational begründen, sondern nur emotional verstehen. Der 90 Grad V-Motor taktet wie der Herzschlag von uns Menschen und lässt uns hören und fühlen: „tut gut, tut gut, tut gut…“. Diese Motorräder aus Mandello de Lario mit ihrer Geschichte seit 1921, leben und berühren die Seelen von Menschen, die dafür offen sind, andere aber auch nicht und das ist gut so. Es gibt viele, sehr gute andere Motorräder, aber nur wenige, die noch eine Seele haben! Ich fühle, spüre, sehe und höre was dieser Motor macht. Ich kann es nachvollziehen und spreche innerlich zu ihm. Andere, besonders moderne Motorräder, wirken auf mich oft synthetisch und wie Computer. Sie gehen keine bleibende Beziehung ein, sondern werden ausgetauscht…
Stein-Dinse: Wie bist du zu deinen Schrauber-Fähigkeiten gekommen?
Hans-Peter Kelchner: Als junger Kerl hatte ich wenig Geld und es blieb mir nur, alles was nötig war, selber zu machen. Was ich nicht konnte, musste ich mir selber beibringen. Ich fuhr einen uralten VW-Käfer, einen DKW-Junior, wieder Käfer, Citroen 2-CV, Peugeot 204…usw. usf. und reparierte, bastelte, war Großabnehmer für „Prestolit“ und Sprühlack aus der Dose und der TÜV war mein harter „Gegner“. Es war bisweilen eine harte, bittere Zeit, bis ich meinen Freund Ralf kennenlernte…
Stein-Dinse: Woher hast du die Ideen?
Hans-Peter Kelchner: So wie ich Guzzi-Versessen bin, steht mein einziger Freund (seit 35 Jahren) auf BMW-Motorräder. Ralf ist KFZ-Meister und zu Beginn unserer Freundschaft hatten wir zusammen eine große Doppelgarage und er lehrte mich das Schrauben, Schweißen und so das meiste, was dazu gehört und ich noch nicht konnte. Zudem hat Ralf einen sehr kreativen Geist und sprüht vor Ideen, von welchen ich auch heute noch profitiere. Aber diese „Le Mans“ ist meine Idee, ausgenommen der bereits beim Kauf vorhandenen Umbauten. Ich darf hier den großen Signore Enzo Ferrari zitieren, welcher sagte: “Um einen Ferrari zu bauen, mußt du ihn zuerst einmal geträumt haben!“
Stein-Dinse: Wo schraubst du? Hattest du in manchen Bereichen Unterstützung?
Hans-Peter Kelchner: Früher hatte ich mit meinem Freund eine gemeinsame Garage als Werkstatt. Als Ralf sich selbständig machte und seine Firma gründete, hatte ich „Das Schrauber- Paradies auf Erden“, da ich jederzeit sein gesamtes Equipment zur Verfügung hatte, sowie stets seinen Rat und seine Hilfe, wenn ich nicht mehr weiterwusste. Bei sehr speziellen Problemen finde ich stets bei den Gebrüdern Speth in Kriftel ein offenes Ohr und Hilfe.
Stein-Dinse: Wie viel Zeit hast du in den Umbau investiert?
Hans-Peter Kelchner: Ich war damals noch voll berufstätig und konnte nur samstags oder abends ein bisschen an der Maschine arbeiten. Aber in der ersten Winterpause und im Urlaub waren die Lackierarbeiten, neue Vergaser, neue USDGabel usw. erledigt und ich konnte endlich fahren. Die anderen Arbeiten habe ich weitgehend in den Wintermonaten der nächsten Jahre umgesetzt.
Stein-Dinse: Hattest du Probleme bestimmte Teile zu bekommen oder gab es Schwierigkeiten bei der Umsetzung? Wenn ja, welche?
Hans-Peter Kelchner: In den Papieren ist ein sogenanntes „Tunnelrücklicht“ eingetragen, das seinen Platz am Ende der 1-Person-Höckersitzbank hat. Es ist das Rücklicht eines (ehemaligen) Vespa-Motorrollers, das für Geld und gute Worte nicht mehr zu bekommen war, als ich nach Ersatz suchte. Ich hüte es, wie meinen Augapfel. Zwar gibt es, z. B. bei Stein-Dinse entsprechende Rücklichter mit E-Zulassung, doch müsste ich das „Alte“ aus- und das Neue eintragen lassen. Das gleiche mit den eingetragenen Reifen: Die ursprünglich eingetragenen Reifen werden nicht mehr produziert, sondern die Neuen und besseren Nachfolgemodelle. Trotz gleicher Größe und Geschwindigkeitsindex akzeptiert der TÜV nicht die Nachfolgemodelle! Ich musste einen Termin beantragen und mit den neuen, montierten Reifen vorfahren. Der Testfahrer schwang sich auf meine Le Mans und war damit über drei Stunden unterwegs und hat die Reifen getestet und kam mit einem Grinsen im Gesicht wieder zurück. Der Spaß der Eintragung hat über 300,- € gekostet. Und wenn diese „Würste“ runter sind und das nächste Nachfolgemodell auf den Markt kommt, wieder die gleiche Prozedur!
Stein-Dinse: Auf was bist du bei diesem Modell besonders stolz?
Hans-Peter Kelchner: Mein Motorrad hat ein „Alleinstellungs- Merkmal“! Diese Maschine ist für mich „DAS“ Motorrad, dass es nur einmal gibt, für mich. Ich möchte keine andere Maschine mehr, außer unserer „California II“. Die umgebaute „Le Mans“ hat etwas Ursprüngliches, etwas, das sie von allen anderen Motorrädern unterscheidet, in unserer „glatt- normierten und weichgespülten Welt“. Dieses Motorrad darf noch so sein, wie ich es möchte und nicht so, wie es die Massenproduktion herstellt. Diese Maschine und ich, wir sind über die Jahre zusammengewachsen und der Preis waren und sind Blut, Schweiß und Tränen. Das ist diese Art von „Liebe“ in meinen Beziehungen, die ich eingehe, zu Menschen und zu Sachen und das erfüllt mich mit Stolz. Das ist und war für mich einmalig.